Underwater-Vision (UWV)

Ausgangssituation

Unterwasserinfrastrukturen wie etwa Hafenmolen, Fundamente von Brücken oder auch Staumauern sind ein wesentlicher Bestandteil unserer technischen Zivilisation. Staumauern und Wasserkraftanlagen, aber auch Fundamente von Offshore-Windkraftanlagen sind von großer Bedeutung für die Wende zu erneuerbaren Energieträgern. Wie alle künstlich geschaffenen Strukturen unterliegen solche Anlagen dem natürlichen Zerfall, der oft durch mechanische Abnutzung durch Strömungen oder chemische Einflüsse stärker ausfällt als an der Luft, und gleichzeitig dem direkten Augenschein verborgen bleibt. Deswegen liegt in der regelmäßigen Inspektion solcher Anlagen eine wachsende Aufgabe. Nur die wenigsten solcher Arbeiten kann man trocken durchführen, meist muss unter Wasser inspiziert werden. Das geschieht meistens durch professionelle Taucher. Da derartige Arbeiten sehr teuer, anstrengend und gefährlich sind, ist man bemüht, unbemannte, teils eigenbewegliche Messplattformen einzusetzen. Natürlich verspricht man sich von der Automatisierung zusätzliche Vorteile im Hinblick auf Wiederholbarkeit und Zuverlässigkeit, sowie größere Vollständigkeit der Inspektion. Die eingesetzten Unterwasserfahrzeuge tragen in der Regel die dort übliche Sensorik und Navigationsausstattung, also insbesondere Schallradare und Kreiselanlagen. Unterwasserkameras  und automatische Bildanalyse spielen bisher eine eher untergeordnete Rolle.

 

Aufgabe

Methoden der digitalen Bildverarbeitung, insbesondere die Erzeugung großer Bildteppiche aus den einzelnen Bildern eines Videos, sollen an die spezielle Situation der Unterwasserinspektion von Infrastrukturen angepasst werden. Diese Situation kennzeichnet sich durch folgende Eigenschaften: 1) Man muss sehr nahe an die aufzunehmende Oberfläche heran, um den Verlust an Bildqualität durch Trübung zu minimieren; 2) große Öffnungswinkel (entsprechend sehr kurze Brennweiten) kommen zum Einsatz, die starke Bildverzeichnungen bewirken; 3) die Kamera wird weniger geschwenkt (als bei normalen Panorama-Aufnahmesituationen), sondern wird längs der zu inspizierenden Oberfläche verschoben; dabei geht man weit aus dem Überlappungsbereich mit dem ersten Bild heraus; 4) es kann vorkommen, dass längere Zeit auf den Bildern gar keine verwertbare Struktur erscheint. Ziel ist es dennoch ein großes Übersichtsbild der fraglichen Struktur zu schaffen, welches einem menschlichen Inspekteur präsentiert und mit vorangegangen Aufnahmen verglichen werden kann.

 

Projektbeschreibung

Mittels einer kleinen Plattform (Abb. 1) besteht zur Verfahrensentwicklung die Möglichkeit, kurzfristig Unterwasservideos in der näheren Umgebung aufzuzeichnen. Mit dem erfassten Datenmaterial konnte die Anpassung existierender Bildverarbeitungsmodule vorangetrieben werden. In der digitalen Bildverarbeitung setzt man mehrere Bilder zu einem Panorama zusammen, indem man zwischen den Bildern im Überlappbereich die Transformation schätzt. Dabei werden in der Regel projektive Abbildungen – sogenannte planare Homographien – verwendet, und es wird ein robustes Schätzverfahren eingesetzt, z.B. RANSAC.

 

 

 

Vor der Inspektion einer Unterwasserrampe wird die Messplattform zuerst mit einem Kalibrierblech getaucht

 

Es hat sich gezeigt, dass starke Linsenverzeichnungen, wenn sie nicht präzise kalibriert und entsprechend berücksichtigt werden, zu einem systematischen Fehler im Rotationsanteil der geschätzten Homographie führen. In solchen Fällen verzerrt sich das Übersichtsmosaik außerhalb des Überlappungsbereichs rasch und es gibt keine sinnvollen Ergebnisse mehr. Deswegen wurde zunächst eine Kalibriervorrichtung angefertigt (Abb. 1). Damit können der Öffnungswinkel und vor allem die Linsenverzeichnung vor jeder Messung unter Wasser neu bestimmt werden. Nach der Kalibrierung ist der systematische Fehler weitgehend beseitigt, es bleibt aber eine zufällige Drift, die, wenn der Überlappbereich um Größenordnungen verlassen wird, wieder zu untragbaren Verzerrungen führt. Dieses Problem wurde durch Zerlegung der akkumulierten Homographien nach Faugeras behoben. Dabei geht man wie folgt vor: Wenn sich die Kamera nicht nur gedreht, sondern auch verschoben hat, kann man aus der Homographie zwischen dem ersten und letzten Bild den Bewegungsvektor der Kamera zwischen diesen Aufnahmen, die Oberflächennormale, die drei Drehwinkel der Kamera und einen Skalenfaktor ableiten. Das entstehende Teilmosaik unterzieht man einer globalen Transformation, die es so entzerrt, als schaute man orthogonal auf die Oberfläche. Die Darstellung richtet sich dann also nicht mehr nach dem ersten Bild. Mehrere solcher Teilmosaike lassen sich zu einem großen Panoramabild zusammensetzen. Da es jeweils orthogonale Darstellungen der Oberfläche sind, genügt eine einfache Ähnlichkeitstransformation. Solch ein Panorama ist in Abb. 2 gezeigt. Circa 2000 Bilder eines Seebodens wurden hier exemplarisch in einer Übersicht vereint. Das Mosaik entfernt sich um mehr als den Faktor zehn aus dem Überlappbereich, und dennoch sind keine unnatürlichen Verzerrungen zu erkennen.

 

 

 

Beispiel für ein Unterwassermosaik.