Änderungsdetektion in urbanen Gebieten

Änderungsdetektion in urbanen Gebieten durch objektbasierte Analyse und schritthaltenden Vergleich von Multi-Aspekt ALS-Daten

(ALS: Airborne Laser Scanning)

 

Ausgangssituation

Die Detektion von Objektveränderungen in urbanen Gebieten ist oft Ausgangspunkt für nachfolgende Untersuchungen, etwa für die Schadensbewertung nach Naturkatastrophen, für die Verkehrsüberwachung oder für die Dokumentation der Stadtentwicklung. Eine Automatisierung der Änderungsdetektion erfordert die Erfassung und den automatischen Vergleich multitemporaler Fernerkundungsdaten. An die dafür eingesetzte Sensorik und die Methodik zur Datenauswertung werden besondere Anforderungen gestellt, wenn ein sofortiges Vorliegen der Ergebnisse zwingend erforderlich ist. Solche Randbedingungen bestehen beispielsweise bei der sensorgestützten Flugführung von Hubschraubern (z. B. Hindernisvermeidung), bei polizeilichen Überwachungsaufgaben oder bei der Durchführung von Such- und Rettungseinsätzen.

 

Projektbeschreibung

Am Fraunhofer IOSB wurde in der Abteilung Objekterkennung die Eignung des flugzeuggetragenen Laserscannings (engl. Airborne Laser Scanning, ALS) zur Bewältigung dieser Aufgaben untersucht. ALS ist eine der etablierten Technologien zur gezielten Erfassung von Fernerkundungsdaten und weist dabei den Vorteil der direkten 3-D-Abtastung des Geländes auf. Eine Besonderheit des bei uns verfolgten Ansatzes ist die Betrachtung von Multi-Aspekt ALS-Daten, die sich durch die Verwendung eines in Schrägsicht vorausschauenden Laserscanners ergeben. Neben Vorteilen bei der Erfassung senkrechter Fassadenflächen ist dies gerade im Hinblick auf die oben genannten Anwendungen die sinnvollste Sensorkonfiguration. Die nachfolgende Abbildung zeigt das am Fraunhofer IOSB zusammengestellte Experimentalsystem mit einem RIEGL LMS-Q560 Laserscanner und einem Applanix POS AV 410 Inertialnavigationssystem. Zur Datenerfassung wurde meist eine Bell UH-1D als Sensorträger verwendet.

 

ALS Datenerfassung

Zur Multi-Aspekt ALS-Datenerfassung eingesetztes Experimentalsystem.

 

Details der entwickelten Verfahren

Im ersten Schritt wurde eine Methodik entwickelt, durch die sowohl eine Kalibrierung des Sensorsystems als auch eine Zusammenführung der Multi-Aspekt ALS-Daten eines urbanen Gebiets erzielt wird. Die dazu verwendete Vorgehensweise ist insbesondere auch für die betrachtete Schrägsicht des Laserscanners geeignet. Im Zuge einer objektbasierten Analyse der einzelnen Punktwolken werden planare Flächenstücke mit Hilfe eines Segmentierungsverfahrens identifiziert, das ein Flächenwachstumsverfahren mit einem RANSAC-Schätzverfahren vereint. Anschließend werden homologe Flächenstücke anhand geometrischer Attribute ausfindig gemacht. Mit Hilfe einer neu entwickelten Methode können Planaritätsbedingungen für diese Zuordnungen in lineare Gleichungssysteme überführt werden, durch deren Lösung sich einerseits die Boresight-Kalibrierung des ALS-Systems und andererseits die Angleichung der ALS-Datensätze durchführen lässt.

Die zusammengeführten Multi-Aspekt ALS-Datensätze bilden die Grundlage (Referenz) für die im zweiten Schritt stattfindende Änderungsdetektion. Dort wird eine neue Herangehensweise für den schritthaltenden Vergleich von ALS-Daten verwendet, bei der es sich um eine Erweiterung des bekannten Konzepts der Belegungsgitter handelt. Das Vorliegen von Belegungskonflikten wird hier aber ohne Genauigkeitsverlust an den exakten Positionen der 3-D-Messungen beurteilt. Das dazu entwickelte Verfahren basiert auf der Wissensrepräsentation und Informationsfusion entsprechend der Dempster-Shafer Evidenztheorie. Zusätzlich werden Objektmerkmale bewertet, um Änderungsereignisse verschiedenen Kategorien zuzuordnen. Die folgende Animation zeigt exemplarisch Ergebnisse, die mit diesen Verfahren gewonnen wurden. Auf dem Startbild ist ein im Jahr 2008 erfasster ALS-Datensatz der Stadt Abenberg (Mittelfranken) zu sehen. Das gleiche Gebiet wurde 2009 erneut beflogen, wobei im Ablauf der Datenerfassung unveränderte Gebäude (grün), unveränderte Vegetation (neutral), Boden (braun), hinzugekommene Objekte (gelb) und verschwundene Objekte (rot) automatisch erkannt wurden.

 

Beispiel für die direkte Änderungsdetektion: Der Ort Abenberg im Jahr 2008 (Startbild) und 2009 im Ablauf der Datenerfassung erkannte Änderungen (Film).

 

Verfügbare Daten (Testdaten)

Die diesen Untersuchungen zugrunde liegenden ALS-Daten sind verfügbar: Abenberg-Daten

 

Veröffentlichungen

  • Hebel, M., Arens, M., Stilla, U., 2013. Change detection in urban areas by object-based analysis and on-the-fly comparison of multi-view ALS data. ISPRS Journal of Photogrammetry and Remote Sensing 86, pp. 52-64. [doi: 10.1016/j.isprsjprs.2013.09.005] [pdf]
  • Hebel, M., 2012. Änderungsdetektion in urbanen Gebieten durch objektbasierte Analyse und schritthaltenden Vergleich von Multi-Aspekt ALS-Daten. Dissertation, Technische Universität München. Erscheint in: Deutsche Geodätische Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften (DGK), Reihe C, Nr. 690. ISBN 978-3-7696-5102-7, 147 S. [pdf (DGK)] [pdf (TUM)] [publica]
  • Hebel, M., Stilla, U., 2011. Simultaneous Calibration of ALS Systems and Alignment of Multiview LiDAR Scans of Urban Areas. IEEE Transactions on Geoscience and Remote Sensing, Volume 50 (6), ISSN 0196-2892, S. 2364-2379, Datum der Veröffentlichung (online): 18. November 2011, Datum der gedruckten Ausgabe: Juni 2012. [DOI: 10.1109/TGRS.2011.2171974] [publica]